Kölnische Rundschau, 9. Mai 2001
Kritik der zweiten Aufführung
Figurentheater Cassiopeia zeigt Lucius Apuleius "Amor und Psyche"
Wenn einen die Liebe quält
von Thomas Linden
Die Geschichte von "Amor und Psyche" gehört zu den
beliebtesten Märchen des antiken Dichters Lucius Apuleius, der sie
als Teil seiner "Metamorphosen" veröffentlichte. Ihre
Aktualität liegt in ihrem Thema, denn Apuleius erzählt von zwei
Liebenden, deren Tragik in dem Umstand zum Ausdruck kommt, daß sie
in ihrer Paarbeziehung Konflikte austragen, die eigentlich nicht die ihren
sind. Fremdbestimmt sind sie beide, denn Amor erhält von seiner
eifersüchtigen Mutter Aphrodite - die neidvoll die Schönheit der
jüngeren Frau registriert - den Auftrag, Psyche mit den Qualen der
Liebe zu schlagen.
Als sich Amor in sie verliebt, wird das Glück
der beiden durch die boshaftten Einflüsterungen von Psyches
Schwestern vereitelt, die Amor als Monster verunglimpfen und Psyche überreden,
ihn während des Schlafs zu töten. Claudia Hann und Waldemar
Hooge zeigen das Märchen als stilisertes Maskenspiel im Cassiopeia
Theater. Sie tragen die Masken nicht auf dem Gesicht, sondern führen
sie mit der Hand vor dem Körper, sa daß die Masken wie unabhängige
Objekte im Raum agieren.
Subtile Untertöne enthält die
Geschichte in jenen Momenten, in den sich zwischen Masken und Körpern
ein Zwiegespräch entwickelt. Dabei übernimmt der Körper die
Rolle des Unbewußten und die Maske den Part des Bewußtseins;
statt zwei scheint es nun vier Beteiligte zu geben. Extrem langsam bewegen
sich die beiden Darsteller auf der kleinen Bühne, deshalb stellen
sich nur wenige Wechsel innerhalb der Bildfolge ein. So ereignisarm hätte
Udo Mierke nicht inszenieren müssen, denn Bedachtseinkeit übersetzt
sich nicht immer auch in Intensität.
Gleichwohl überzeugt
Claudia Hann wieder einmal durch ihre außerordentliche sprachliche
Vitusosität. Waldemar Hooge agiert dann besonders einprägsam,
wenn er Körper und Maske in Dialog bringt. Augenzwinkernd schenkt man
der tragischen Geschichte der beiden Liebenden ein versöhnliches
Ende, weil Amor und Psyche nicht mehr dem Einfluß ihrer Umwelt
gehorchen, sondern ihrer eigenen inneren Stimme folgen. So wird die
psychische Reifung letzlich zum Thema, das aus der Vorlage sinnvoll
herauswächst.
Masken tragen die Darsteller Claudia Hann und Waldemar Hooge in Udo Mierkes Umsetzung des antiken Märchenstoffes von Amor und Psyche. Die Aktualität entdeckt die Inszenieurng darin, daß die Konflikte der beiden Liebenden weniger ihre eigenen als die ihrer jeweiligen Familien sind. Die Masken werden wir unabhängige Objekte im Raum geführt: statt zwei scheint es vier Darsteller zu geben.
(C) 2002 by Udo Mierke